Käptn Holly – Bootskapitän auf dem Lewitz-Kieker "Albert"

Blick vom Lewitz-Kieker auf die Klappbrücke Banzkow
27. April 2020

Geführte Törns über die Müritz-Elde-Stör-Wasserstraße

Foto: Lewitz e.V.Kapitän Holly alias Horst und MS „Albert“ sind ein eingespieltes Team: Seitdem der Schubschlepper 2007 zum Passagierschiff umfunktioniert wurde, schippern sie gemeinsam über den Störkanal. Gemächlich gleiten sie durch das weite Wiesenland zwischen Heimathafen Plate, Schweriner See, Friedrichsmoor in der Waldlewitz, den Lewitzer Fischteichen und Neustadt-Glewe. Hollys Anekdoten zu Land und Leuten gehören zu jedem Törn dazu: Unermüdlich erzählt er seinen Fahrgästen, wo man einen Blick auf den Eisvogel erhaschen kann oder Biberburgen zu sehen sind, warum die Lewitz ein beliebtes Jagdgebiet der mecklenburgischen Herzöge war, über welche Brücken diese hoch zu Ross zu ihren Forsthöfen und Jagdschlössern gelangten, warum die Waldschneisen bestimmte Namen tragen und vieles mehr. Ein Kapitän der ersten Stunde eben, der sein Fahrrevier in- und auswendig kennt.

Foto: Ralf Ottmann/lewitzfotograf.deDabei sollte Albert, der als Kontrollboot für das Wasser- und Schifffahrtsamt Lauenburg tätig gewesen war und dort ausgedient hatte, eigentlich versteigert werden. Der Gemeinde Plate gelang es durch politische Bemühungen schließlich, den Kahn direkt zu erwerben. Gefragt war nun ein Bootsführer für die zukünftigen Passagiertouren. Was lag näher als Holly, damals bis heute Mitglied der Gemeindevertretung und somit nah am Geschehen, dafür vorzuschlagen. Er war schon im Besitz eines Bootsführerscheins, besaß mit einem Kumpel ein kleines Motorboot und brach regelmäßig zu Angeltouren auf dem Schweriner See auf.

Foto: Lewitz e.V.Und so stand er bei Alberts Überführung von Grabow nach Plate die ganze Zeit mit auf der Kapitänsbrücke, um sich erklären zu lassen, wie man ihn am besten fährt. Gerne erinnert er sich an den großen Empfang mit Blaskapelle, als man schließlich den neuen Heimathafen zum ersten Mal ansteuerte. Seit dieser Jungfernfahrt hat sich nichts daran geändert – Holly und Albert stechen gemeinsam in See. Auf Touren überlässt er das Steuer zwischendurch gerne mal seinem Co-Kapitän Hans-Jürgen oder den Bootsmännern Hans-Werner, Fred, Andre und Wolfi, um seine Gäste persönlich mit Kaffee, „Karl Toffel Schnaps“ oder sonstigen Leckereien zu versorgen.

Foto: Lewitz e.V.Nebenbei kümmert sich Holly um die technische Wartung, Tankfüllungen, Reparaturen, neue Anstriche und verpasst den Wellen im Motor jeweils nach drei Fahrten eine Extraportion Öl, damit sie wieder geschmeidig laufen.
Geboren und aufgewachsen in Peckatel, ist Holly ein Lewitzer Urgestein durch und durch. Noch heute wohnt er in seinem Elternhaus – gemeinsam mit seiner Frau, die er in jungen Jahren auf dem Holzfest Mirow kennenlernte. Zwei seiner drei inzwischen erwachsenen Kinder sind in der Gegend geblieben. Nur seine Jüngste hat ihr Herz an Berlin verloren.

Foto: Lewitz e.V.Seit mittlerweile 40 Jahren ist Holly Vorsitzender der Angel- und Naturfreunde Peckatel e.V. Als er sein Amt antrat, war er der jüngste Vereinsvorsitzende der Region. Am liebsten angelt er am Störkanal bei Plate Richtung Schwerin. Forellen, Aale, Plötze, Hechte und Barsche räuchert er gerne selbst. Und so sieht man Holly und seine Angelfreunde regelmäßig auch bei Lewitzer Veranstaltungen mit Zelt, Grill und Räucherofen anrücken, um das Catering zu übernehmen. Einmal pro Jahr geht es mit seinen Jungs nach Dänemark zum Angeln – der Termin im Oktober ist gesetzt.

Foto: Lewitz e.V.Bevor er das Ruder von Lewitz-Kieker Albert übernahm, steuerte er die Geschicke eher aus schwindelerregender Höhe: Als ausgebildeter Kranfahrer war er u.a. auf Baustellen am Stadthaus oder Landesrechnungshof Schwerin unterwegs. Wie gut, dass man in der Lewitz an vielen Stellen auch vom Boot aus einen weiten Blick hat…2002 heuerte er bei der Gemeinde Plate an und kümmerte sich bis zu seinem Ruhestand 2012 als Techniker z.B. um Straßen- und Grünarbeiten. Ein Minibagger gehörte zu seinen liebsten Arbeitsgeräten.

Auch mit inzwischen 70 Jahren wird er nicht müde, seinen Fahrgästen die Schönheit seiner Heimat zu vermitteln. Jedem ans Herz legt er eine Kieker-Tour zur Hirschbrunft im September. Aus der Waldlewitz erklingt dann das Röhren der Hirsche, das man vom Boot aus gut hören kann.

Foto: Lewitz e.V.Ein so beeindruckendes Erlebnis, dass er die Rufe schonmal durch eine Tröte simulieren ließ oder einem besonders redebedürftigen Fahrgast aus Spaß mit einem Pflaster den Mund zuklebte, um den anderen Fahrgästen das Naturschauspiel nicht vorzuenthalten. Eine große Portion Humor darf eben nicht fehlen. Fragt man ihn nach seinem Lieblingsplatz, fällt seine Wahl auf die ehemalige Kreuzbrücke bei Friedrichsmoor, da es hier besonders ruhig und idyllisch ist. Dort wendet er den Lewitz-Kieker, wenn es aus der Waldlewitz zurück nach Banzkow oder Plate geht – und verweilt dort lieber einen Moment länger als kürzer.

Foto: Lewitz e.V.Und so tuckern sie weiter, die beiden alten Herren: Albert ist mit seinen inzwischen 65 Jahren immer noch zuverlässig wie ein Uhrwerk, Holly gibt nach wie vor mit Herzblut zum Besten, dass die Fichten da wachsen, wo der Boden aus dem Störkanal ausgehoben wurde, Schwalben gerne in der Schleuse Banzkow nisten und die Lewitz sowieso einen Besuch wert ist.

 

 

 

Foto: Lewitz e.V.Lewitz-Kieker Albert im Porträt

- gebaut 1955 in Berlin-Spandau
- benannt nach dem ehemaligen Plater Bürgermeister Dr. Albert Hilbig
- knapp 16 Meter lang und 4 Meter breit
- 23 Tonnen schwer
- Schubschlepper und Langsamläufer
- ehemals Kontrollboot beim Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Lauenburg
- 700 l Diesel-Tank
- rundherum 6 mm Stahl
- 1,08 m Tiefgang bei durchschnittlich ca. 2 Metern Wasserstand im Kanal
- Heimathafen Plate

Infos zu Touren, Fahrradmitnahme, Preisen unter www.die-lewitz.de/lewitzkieker

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